Autor: Dominik Prosiegel
Datum: 29.11.2023
Kategorie: Vorträge
Live aus London: Am Abend des 29. November 2023 war Herr Dr. Karl Küpper, Partner bei PwC, Head of Corporate Governance Solutions Düsseldorf per Teams-Meeting nach Bayreuth zugeschaltet. Interessierte konnten sowohl aus dem Seminarraum in der Universität als auch von zuhause aus dem spannenden Vortrag zu dem Thema Verwendung von Legal Tech Tools im Kanzleialltag folgen und Fragen an den Referenten stellen.
Verständnis über sich selbst und KI
Herr Dr. Karl Küpper erläuterte zunächst, dass ein höherer Erfahrungsschatz aus der Betrachtung der Vergangenheit resultiert und man sich eher auf diesen beschränkt, als in die Zukunft zu blicken. Dies gilt auch für den Bereich Legal Tech, da die weit entfernten Grenzen des Möglichen oft nicht vollständig erkannt werden. Er betonte aber auch die Notwendigkeit, kritisch zu hinterfragen, warum man bestimmte Dinge macht, insbesondere in einer digitalen Welt mit neuen und ungewissen Herausforderungen. Die Fähigkeit, Themen in verschiedenen Kontexten zu sehen, sei dabei entscheidend.
Fortschritt und Skalierung durch KI
Besonders beeindruckt ist Herr Dr. Karl Küpper davon, dass die KI in Kürze auch in der Wissenschaft enorme Fortschritte erwarten lässt: Dank KI könnten Forschungsergebnisse, die früher Jahre dauerten, nun in Tagen oder Monaten erzielt werden, insbesondere in Bereichen wie medizinischer Forschung und Chemie.
Außerdem ermöglicht die Rückgriffsmöglichkeit auf Datenbanken über Landesgrenzen hinweg eine hohe Skalierung von Ergebnissen und geht oft mit Kostenreduktionen einher. Auch im Kontext der Rechtswissenschaft wird KI ein intelligenter Assistent sein, der im Team mitarbeitet. Diese Assistenten werden die Basisarbeit übernehmen, damit die Mitarbeiter sich auf die qualifizierteren Aufgaben konzentrieren können. Aus der Beraterperspektive bringt dies den Vorteil, dass KI aufgrund der großen Datenbanken höhere Kundenerfahrung und auch mehr Wissen hat, was die Geschwindigkeit des Prozesses erhöht. Da menschliche Fehler durch Technik minimiert werden, bringt dies zudem ein höheres Vertrauen in die Arbeit.
Anwendungsfälle von KI in der Kanzlei
Herr Dr. Karl Küpper zeigte auch Einblicke in Legal Tech Anwendungsmöglichkeiten bei PwC. PwC hat Potenziale für den Einsatz von KI in Bereichen wie Datenanalyse und Risikomanagement identifiziert, jedoch ist dieser mit hohem Aufwand verbunden. Schnelle Gewinne erwartet man aufgrund des geringeren Aufwands in der Produktivitätssteigerung und im Wissensmanagement.
PwC hat mit ChatPwC selbst ein generatives KI-Tool geschaffen, das die Mitarbeiter von PwC im Alltag testen können. Diese KI funktioniert ähnlich wie ChatJPT, soll jedoch nach Fertigstellung eine sichere Quelle sein. Dies soll dadurch ermöglicht werden, dass Bestandsdatenbanken genutzt werden und die verwendeten Daten auf sichere beschränkt werden. Herr Dr. Karl Küpper beschreibt, die Einführung laufe unter dem Motto: „Wenn man sich nicht selbst transformiert, wird man transformiert“.
Beispiele aus der Praxis
Jeder möchte gerade KI verstehen und auch, wie sie angewendet wird. Dabei macht dies noch nicht immer Sinn. Herr Dr. Karl Küpper liefert hierzu ein paar Beispiele. Bei der Bearbeitung von KYC-Bestätigungen (= know your costumer), ist es schwierig, über eine Automatisierung schnell einen Mehrwert zu schaffen, da die einzelnen Bestätigungen zu unterschiedlich sind. Man braucht also eine individuellere Lösung. Ein weiterer Punkt ist die Dokumentenautomatisierung: PwC ist in der Prüfung, inwieweit man (auch mit der Vertex AI von Google) die Herausforderung lösen kann, dass in über 150 Ländern Standardprozesse automatisiert werden sollen, die in jedem Land anders sind und für jeden Gesellschaftstypen anders sind. Die Dokumente müssen am Ende alle richtig sein. Mit KI ist dies noch nicht möglich, da die Dokumente sehr präzise ausgearbeitet sein müssen. Eine weitere Herausforderung besteht in der Frage, welcher Prozess überhaupt abgebildet werden soll. Kunden leben einen Prozess, bei dem sich oftmals nie der Gedanke gemacht wurde, wie dieser Prozess standardisiert werden könnte. Diese Transformation der Prozesse ist fast noch wichtiger, als die Technik selbst einzusetzen. Herr Dr. Karl Küpper betont, die Erfahrung, dass etwas nicht sofort funktioniert, gehört auch zu neuer Technologie. Vor allem bei Transformationsthemen muss damit gerechnet werden.
Was bedeutet KI für Jurastudenten?
Zum Schluss ging Herr Dr. Karl Küpper auf eine Umfrage ein: laut dieser soll ein Drittel der Inhouse Juristen ersetzt und auf dem Markt soll die Nachfrage durch KI-Tools so drastisch reduziert werden, dass nur noch die Hälfte der Anwälte gebraucht würde. Fest steht, dass KI die Art und Weise der Arbeit verändern wird, denn sie kann das Analysieren von Daten übernehmen. Anwälte fallen damit aber nicht weg – der Fokus der anwaltlichen Tätigkeit liegt jedoch eher auf dem Umgang mit den Ergebnissen und auch der Fachkräftemangel führt dazu, dass Anwälte noch reichlich zu tun haben. Zudem kann KI die Empathie und den Umgang mit Mandanten nicht ersetzen. Die Rechtsberatung wird ein personenbezogenes Business bleiben, das jedoch technologiebasiert arbeitet.
Wir bedanken uns herzlich bei Herr Dr. Karl Küpper für den wertvollen und erkenntnisreichen Vortrag!
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